mobisaar geht ab 1.1.2021 in den Regelbetrieb über
Das Projekt „mobisaar – Mobilität für alle“ hat die Bewährungsprobe bestanden. Das saarländische Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Energie und Verkehr gewährt nach dem Beschluss des Saarländischen Landtags eine Anschlussfinanzierung! Das heißt für mobisaar: 2021 startet der Regelbetrieb.
„mobisaar – Mobilität für alle“ ist ein seit November 2015 bis 31.12.2020 vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördertes Forschungsprojekt. Ziel des Projekts ist die Verbesserung der Teilhabe für mobilitätseingeschränkte und ältere Menschen. Essentiell hierbei sind von den mobisaar-Lots*innen erbrachte Dienstleistungen, die durch Software gesteuert werden. mobisaar ermöglicht die gesellschaftliche Teilhabe mobilitätseingeschränkter und älterer Menschen in und zusammen mit dem saarländischen ÖPNV. Sein Herzstück ist und bleibt die kostenfreie Begleitung durch die mobisaar-Lots*innen.
Verkehrsministerin Anke Rehlinger: „Wir möchten den Saarländerinnen und Saarländern den Zugang zum ÖPNV erleichtern – das gilt auch und vor allem für ältere Menschen mit Mobilitätseinschränkung. Wir wollen ihnen eine selbstbestimmte und barrierefreie Mobilität ermöglichen. Das funktioniert nur, wenn wir attraktive Angebote schaffen. mobisaar ist genau ein solches Angebot, um auch im Alter mobil und unabhängig zu bleiben. Um das Projekt fortführen zu können, habe ich mich bei den Haushaltsberatungen für eine Übernahme der ungedeckten Kosten für die Dauer von drei Jahren durch das Land eingesetzt. Ich freue mich sehr, dass das geklappt hat und wir das Projekt somit sichern konnten.“
„Das ist eine großartige Nachricht für alle Beteiligten und wir danken dem Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Energie und Verkehr herzlich für die finanzielle Unterstützung“, erklärt Elke Schmidt, Geschäftsführerin der Saarländischen Nahverkehrs-Service GmbH (SNS GmbH) und Verbundkoordinatorin des Projektes mobisaar. „Die Anschlussfinanzierung ab dem 01.01.2021 ermöglicht unseren ÖPNV-Kund*innen, die für sie so wichtigen Begleitungen nahtlos weiter buchen zu können. Das ist ein starkes Signal und bedeutet ein großes Stück Sicherheit in den pandemiebedingt herausfordernden Zeiten. Die SNS GmbH wird mobisaar ab 2021 unverändert mit unserer mobisaar-Service-Hotline weiterführen. Weitere mobisaar-Partner sind B2M Software GmbH/urban mobility innovations, verantwortlich für die technische Umsetzung unserer Buchungssoftware, das DFKI für die Fahrgast-App und mobisaarWorld sowie die „Träger“ für unsere mobisaar-Lots*innen – die Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft im Landkreis Saarlouis, die Gemeinnützige Kommunale Gesellschaft für Beschäftigung und Qualifizierung St. Ingbert, das DIAKONISCHES WERK AN DER SAAR und die Neue Arbeit Saar“, so Elke Schmidt weiter.
„Insbesondere in der schwierigen Zeit der Corona-Pandemie, in der die Lots*innen unter erschwerten Bedingungen ihren Dienst aufrechterhalten, zeigt sich für uns als sozialer Träger die Bedeutung des Projektes mobisaar. Im Frühjahrs-Lockdown und während der Aussetzungen der Begleitungen sind die Haltestellendienste gerne genutzt worden und die Lots*innen waren als kontinuierliche Ansprechpartner*innen oftmals der einzige Kontakt nach außen. In diesem Sinne ist es im Ausblick und auf die kommenden Jahre umso erfreulicher, dass eine gute und sinnvolle Struktur wie mobisaar nach Auslaufen des Bundesprojektes mit Landesmitteln fortgesetzt werden kann“, erklärt Monika Steffen-Rettenmaier, Geschäftsführerin der Neue Arbeit Saar gGmbH.
„mobisaar ist ein lebensnahes Beispiel, wie ein sozio-technisches System einen direkten Mehrwert in den Tagesablauf einer Vielzahl von Bürger*innen bringt. Wir sind froh, Teil dieses engagierten Projektes zu sein und ab 2021 Teil der mobisaar-Partner im Regelbetrieb“, ergänzt Dr. Manuel Görtz. Er ist Director Analytic Products und Projektleiter mobisaar bei der B2M Software GmbH, urban mobility innovations. Sie hat das technische Arbeitsmittel der Lots*innen, die Lotsen-App sowie das intelligente Backend – ein Softwareprogramm im Hintergrund entwickelt. Über die Lotsen-App erhalten die mobisaar-Lots*innen die Begleitaufträge direkt auf ihr Diensthandy. Im Backend laufen alle Daten zusammen: Informationssysteme für Fahrpläne, Routen, Verspätungen, Geo-Informationen und solche zur Beschaffenheit von Haltestellen. Sowohl die Fahrgast-Webseite als auch die mobisaar-Service-Hotline, die bei der SNS angesiedelt ist, greifen darauf zu. Datenschutzrechtliche Bestimmungen werden hierbei eingehalten.
Aktuell ist der Service mit mehr als 60 hauptamtlichen Lots*innen im Regionalverband Saarbrücken, im Saarpfalz-Kreis, dem Landkreis Neunkirchen und dem Landkreis Saarlouis verfügbar. mobisaar ist inzwischen der drittgrößte Begleitservice in Deutschland und der einzige, der auch in größerem Umfang ländliche Räume mit abdeckt. Das Lotsennetz wird insbesondere in den ländlichen Regionen durch ehrenamtliche Lots*innen unterstützt. Der Dienst der mobisaar-Lots*innen kann werktags von 8 – 18 Uhr kostenlos in Anspruch genommen werden. Sie bringen Fahrgäste auf Wunsch von der Haustür bis zum Zielort und wieder zurück, sie helfen beim Ein- und Aussteigen in Bus, Bahn und Regionalzug oder bieten Unterstützung am Fahrkartenautomat.
mobisaar wurde in den letzten 5 Jahren eng flankiert und intensiv begleitet durch Partner aus Forschung und Praxis.
„Schon vor dem durch Corona bedingten Shutdown hat das Projekt nachgewiesen, dass es einen Beitrag zur selbstbestimmten Mobilität von Menschen leisten kann, die auf den ÖPNV angewiesen sind und regelmäßig oder manchmal nicht auf ein Auto von Familie, Freunden oder Nachbarn zurückgreifen können. Dass ein solches Projekt tatsächlich in den Regelbetrieb übergeht, ist nicht selbstverständlich und es zeigt einmal mehr, welche Überzeugungskraft mobisaar besitzt“, freut sich Prof. Dr. Bieber, seit Mitte März 2020 saarländischer Beauftragter für die Belange von Menschen mit Behinderungen, davor Geschäftsführer des Instituts für Sozialforschung und Sozialwirtschaft (iso) e.V sowie bis zu seinem Ausscheiden dort Projektleiter für mobisaar.
Für Prof. Dr. Bieber und Dr. Jan Alexandersson, Research Fellow und Leiter des Kompetenzzentrums AAL (Alltagsunterstützende Assistenzsysteme) beim Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) auf dem Campus der Universität des Saarlandes begann die spannende Reise allerdings schon früher. Mit MOBIA (2011-2014) wurden im Stadtgebiet Saarbrücken erste Erfahrungen mit einem Unterstützungsservice für ältere Menschen gemacht, der technische Komponenten und personenbezogene Dienstleistungen kombinierte. Konsortialführer in diesem Projekt war die Saarbahn GmbH.
„Nach Auslaufen der Förderung haben wir danach einen MOBIA-Service zunächst in Eigenregie weitergeführt und dann das Projekt mobisaar gemeinsam mit unseren Partnern koordiniert und weiterentwickelt. Wir freuen uns, dass mobisaar die Bewährungsprobe mit Erfolg bestanden hat“, sagt Saarbahn-Geschäftsführer Peter Edlinger.
„Ich freue mich wirklich sehr, dass es uns nach 10 Jahren gelungen ist, die Vision „ÖPNV für alle“ von der Idee zur Regelversorgung zu bringen. Die AAL-Projekte MOBIA und mobisaar sind gelungene Beispiele für die Erforschung und Entwicklung eines soziotechnischen Systems. Gemeinsam mit relevanten Interessengruppen haben wir auf unterschiedlichen Ebenen der Gesellschaft über eine lange Zeit ein funktionierendes Format entwickeln können. Erreicht haben wir das durch interdisziplinäre, zielorientierte und benutzerzentrierte Zusammenarbeit.“, erklärt Dr. Alexandersson. Das DFKI ist verantwortlich für die mobile Fahrgast-App, die Webschnittstelle und mobisaarWorld. mobisaarWorld ist eine Crowdsourcing-Datenbank für Informationen zur Barrierefreiheit und Ausstattung der saarländischen Haltestellen (z.B. Sitzgelegenheiten und Überdachung), die die selbstbestimmte Fahrtenplanung verbessert.
mobisaar versteht sich nicht als Ersatz für Barrierefreiheit. Für Jana Rößler, wissenschaftliche Mitarbeiterin und Projektleiterin mobisaar beim Institut für Sozialforschung und Sozialwirtschaft (iso) e. V. ist mobisaar daher eine „notwendige Ergänzung im ÖPNV. Genauso wie der Fahrstuhl am Bahnhof, Leitstreifen für Blinde, akustische Ansagen der Abfahrtzeiten oder auch Sitzplätze an den Haltestellen: mobisaar ist ein wichtiger Mosaikstein für den barrierefreien ÖPNV und davon profitieren alle.“
Das Institut für Sozialforschung und Sozialwirtschaft (iso) e.V. ist eine 1969 gegründete selbständige und unabhängige sozialwissenschaftliche Forschungseinrichtung in Saarbrücken. Zu seinen Arbeitsschwerpunkten im Projekt gehören u. a. die Begleitung des Ausrollprozesses von mobisaar durch Ansprache der relevanten Akteure sowie die Organisation des Prozesses mit den operativen und strategischen Partnern, das Erstellen eines nicht-technischen Konzepts zur Umsetzung der Projektidee, die Erhebung der Anforderungen der Fahrgäste und Lots*innen an das Gesamtsystem im Rahmen des user-centered Designs sowie das Marketing Zudem wird das Institut eine wissenschaftliche Abschlusspublikation zu mobisaar herausgeben.
Die mobisaar-Kund*innen müssen sich auf eine gleichleibende hohe Qualität bei gebuchten Begleitungen und Spontanhilfen verlassen können. Alle Lots*innen werden daher für ihre Tätigkeit entsprechend geschult und weitergebildet. Die Grundschulungen umfassen insbesondere den Bereich ÖPNV (geschult durch die Saarbahn GmbH, die Neunkircher Verkehrs GmbH und die Kreisverkehrsbetriebe Saarlouis GmbH), die Bereiche Kommunikation, Stress- und Konfliktbewältigung (geschult durch miteinander leben lernen/MLL) und Technik (geschult durch B2M Software GmbH). Zusatzqualifikationen vermitteln Kooperationspartner wie der Blinden- und Sehbehindertenverband für das Saarland e.V., der Demenzverein Saarlouis e.V. und MLL. So erwerben die Lots*innen die für ihre Tätigkeit notwendigen hard und soft skills.
Über all dem laufen regelmäßige Teambesprechungen und ein Monitoring bei den Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaften. Diese betreuen die mobisaar-Lots*innen oft über einen langen Zeitraum. Transparente Kommunikation und Vertrauensbildung sind hier für alle Beteiligten bestimmend. Denn die Lots*innen übernehmen eine in vielerlei Hinsicht sehr verantwortungsvolle Aufgabe. Für ihre Arbeit unerlässlich sind Verständnis für die Kund*innen, Sicherheit im ÖPNV, Organisationstalent, Teamfähigkeit, routinierter und professioneller Umgang mit der eingesetzten Hard- und Software.
Für die Partner, die für die Betreuung der ehrenamtlichen Lots*innen in der Projektlaufzeit verantwortlich waren, „bietet die ehrenamtliche Struktur viel Potential – gerade für ein Projekt wie mobisaar. Wir wünschen uns, dass es mit der Fortführung von mobisaar bald wieder Möglichkeiten zum Einsatz motivierter ehrenamtlicher Lots*innen gibt“, lautet das Statement von Ingrid Wacht, Projektleiterin mobisaar beim Sozialverband VdK Saarland e.V. und Kristina Lemke, Projektleiterin mobisaar bei der LAG Pro Ehrenamt e.V.
Für Julia Schweitzer, Projektleiterin mobisaar beim Projektpartner Ökumenische Bahnhofsmission Saarbrücken (Trägerschaft: Diakonie Saar und Caritasverband Saarbrücken und Umgebung e.V.) trifft der Begleitservice mobisaar „… auf eine bereits über 100 Jahre währende Tradition der Bahnhofsmission Deutschland. In dieser Verbindung trägt mobisaar somit auch über die Grenzen des Saarlandes hinweg ein Stück zur Mobilität der Reisenden bei und erweitert damit die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben.“
mobisaar – ein ausgezeichnetes Projekt
„mobisaar – Mobilität für alle“ erreichte 2019 im Rahmen des neu ausgelobten Bundesteilhabepreis einen Platz unter den zehn besten Projekten bundesweit. Es gehört somit zu den Projekten, die vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales als besonders vorbildlich ausgezeichnet wurden. Dabei handelt es sich um wegweisende Vorhaben zur inklusiven Mobilität. https://www.bundesfachstelle-barrierefreiheit.de/DE/Initiative-Sozialraum-Inklusiv/Bundesteilhabepreis/Bundesteilhabepreis-2019/Bundesteilhabepreis-2019_node.html
MOBIA war 2013/14 Preisträger im Wettbewerb „Ausgezeichnete Orte im Land der Ideen“ und in 2015 Gewinner des Deutschen Alterspreises der Robert-Bosch-Stiftung. 2019 wurde es unter 165 Verbünden mit 750 Einzelprojekten zusammen mit vier anderen Vorhaben als Best-Practice – Beispiel hervorgehoben: https://www.interaktive-technologien.de/service/publikationen/evaluation-der-forschungsagenda-das-alter-hat-zukunft, Seiten 100-105
Projektpartner
- B2M Software GmbH,
- Deutsches Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz GmbH,
- DIAKONISCHES WERK AN DER SAAR gGmbH/Bahnhofsmission,
- Institut für Sozialforschung und Sozialwirtschaft (iso) e. V.,
- Landesarbeitsgemeinschaft PRO EHRENAMT e. V.,
- Neue Arbeit Saar gGmbH,
- Saarländische Nahverkehrs-Service GmbH (SNS) und der
- Sozialverband VdK Saarland e. V.
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